Heilsame Felder in der Trauer – Die 8 Prinzipien der Arbeit in Gruppen

Heilsame Felder in der Trauer für trauerlicht Ursula Hohlweg

Inhaltsverzeichnis

Trauer braucht einen Raum, in dem Du Dich sicher, gesehen und verbunden fühlst. In meiner Trauergruppe und meinen Workshops „Trauer berühren“ schaffe ich solch einen Raum – inspiriert von den 8 Prinzipien für heilsame Felder in Gruppen meines Lehrers Ray Castellino. In diesem Artikel erfährst Du, wie Rays Prinzipien eine Gruppe oder Familie unterstützt, gemeinsam eine heilsame Erfahrung zu machen.

Die Weisheit der Gruppe

Ray Castellino, ein Pionier der Biodynamischen Craniosacral-Therapie (CST) lehrte, dass wir in Gruppen mit unserem tiefsten Selbst – unserem „Blueprint“ , einem universellen Rhythmus – in Resonanz kommen können. Diese Verbindung mit unserem ursprünglichen „Bauplan“ heilt alte Wunden und tröstet unser verletztes inneres Kind, das sich fragt „Bin ich sicher? Bin ich liebenswert?“

„As we come into form, into the body, we incarnate and get identified with our life experiences. We become imprinted by our histories, sometimes losing our connection to the blueprint energy. These principles help us to get in touch with our core presence and helps us to develop hands on skills to deal with early imprints. They help us to tap into the field of the blueprint energy, a coherent field of intelligence, consciousness and presence. In connection to this original blueprint, we enter into healing relationships with ourselves and with others in present time.“ – Ray Castellino

In meiner Trauerarbeit nutzen wir Rays 8 Prinzipien, um einen Raum zu schaffen, in dem Deine Trauer sicher gehalten ist.

8 Prinzipien für heilsame Felder in Gruppen

Prinzip 1 – Jeder ist willkommen

Du bist hier und willkommen, so wie Du bist – mit Deinem Schmerz, Deiner Geschichte. Du wirst gesehen und gehört – ohne Urteil. Wenn wir jemanden bewerten, können wir ihn nicht vollständig willkommen heißen. Nur wenn wir uns willkommen fühlen, können wir zu uns kommen und ganz präsent sein. Und so können wir uns für tiefe, berührende, bewegende und heilsame Begegnungen öffnen.

Prinzip 2 – Gegenseitige Unterstützung und Zusammenarbeit

Jeder in der Gruppe ist gleich wichtig und jedem Anliegen wird Raum gegeben. Für niemanden in der Gruppe darf eine Belastung oder ein Nachteil entstehen – so erschaffen wir eine harmonische Resonanz im Gruppenfeld. Wir arbeiten zusammen, bündeln unsere Kräfte damit für alle Mitglieder der Truppe Heilsames, Schöpferisches, Kreatives geschehen kann. Wir unterstützen einander und schaffen gemeinsam ein Feld, in dem Heilung für alle möglich ist.

Prinzip 3 – Wahlmöglichkeiten

Du entscheidest frei, was stimmig ist – Dein „Ja“ und Dein „Nein“ sind gleich wertvoll und wichtig. Du bist eingeladen, Dich mit Deinem inneren Wissen zu verbinden und Dich jederzeit mitzuteilen. So kannst Du sicher sein, dass Deine Grenzen in der Gruppe respektiert und gewahrt sind und auch bleiben.

Prinzip 4 – Selbst- und Co-Regulation

Es kann gut sein, dass Du sehr tief berührt bist oder Dich Deine Gefühle oder Erinnerungen herausfordern. Wenn jemand in der Gruppe getriggert oder überflutet ist, gibt er ein non-verbales Signal, weil in diesen Momenten oft die Worte fehlen. Wir machen unmittelbar als Gruppe eine Pause, in der wir uns über den Atem regulieren. So kommen wir wieder in Verbindung mit uns selbst und können echten Kontakt mit anderen aufnehmen.

Prinzip 5 – Selbstfürsorge

Alles, was Du tust, um gut für Dich selbst zu sorgen, unterstützt alles, was in der Gruppe geschieht. Du bist eingeladen, das zu tun, was Du brauchst, damit Du Dich so richtig gut und wohl fühlst. Essen, Trinken, Dich bewegen, auf die Toilette gehen. Selbstfürsorge ist alles andere als egoistisch und die meisten von uns haben gelernt, die Bedürfnisse von anderen über ihre eigenen zu stellen. Wenn wir uns gut um uns selbst kümmern, entlasten wir die gesamte Gruppe, weil sich jeder auf sich selbst konzentrieren kann.

Prinzip 6 – Augenkontakt

Wenn wir durch die Arbeit in der Gruppe überfordert oder aktiviert sind, erleben wir Trennung. Ein bewusst und regelmäßig initiierter Augenkontakt (alle 2 – 3 Minuten) holt uns immer wieder aus unseren alten Geschichten zurück in das Hier und Jetzt. Er ermöglicht uns, uns mit uns selbst und den anderen in der Gruppe liebevoll zu verbinden und diese Verbindung aufrecht zu erhalten.

Prinzip 7 – Berührung und Aufmerksamkeit

Wenn wir etwas mit jemandem teilen wollen, ihn berühren wollen oder sonst etwas für jemanden in der Gruppe tun wollen, dann geschieht dies nur nach vorheriger Ankündigung und mit dessen Zustimmung. Wir wissen so, dass nichts Unerwartetes geschieht. Das schafft Sicherheit und stärkt das Vertrauen in die Gruppe und hat eine besonders heilende Wirkung, wenn jemand überwältigende, traumatisierende Erfahrungen gemacht hat.

Prinzip 8 – Vertraulichkeit

Deine Geschichte gehört nur Dir, niemandem sonst. Und Du hast das Recht zu sagen, was mit dieser Geschichte geschehen darf und was nicht. Wenn Du über Dich selbst sprichst, kannst Du so viel sagen, wie Du willst und was Du willst, wem auch immer Du willst. Wenn Du über andere sprichst, brauchst Du eine explizite Erlaubnis dies zu tun. In einem Raum der absoluten Vertraulichkeit geht unsere gemeinsame Arbeit viel tiefer.

Warum diese Prinzipien heilsam sind

Damit wir uns mit unserer inneren Weisheit, unserem „Blueprint“ verbinden können, brauchen wir bewusste und emotional sichere Verbindungen mit den Menschen um uns herum. Nur in co-regulierten, eingestimmten Beziehungen ist es möglich, dass wir uns verbunden und wirklich geliebt fühlen. Und nur unter diesen Bedingungen können schwierige Themen oder Gefühle an die Oberfläche kommen und integriert werden. Auf diese Weise unterstützen die 8 Prinzipien von Ray Castellino uns dabei, neue Ebenen der Heilung und Beziehungsfähigkeit zu erreichen.

Dein Weg beginnt hier

In meiner monatlichen Trauergruppe und meinen Workshops „Trauer berühren (vierteljährlich) leben wir diese Prinzipien. Sie schaffen ein Feld, in dem Du Dich sicher fühlst, Deine Trauer auszudrücken und zu wandeln. Warum es so wichtig ist, Dich mit Deiner Trauer auseinander zu setzen, erfährst Du in meinem Blog-Artikel „Warum sich mit Trauer auseinandersetzen?

Möchtest Du eine heilsame Zeit in Gemeinschaft erleben? Erfahre mehr über mein Angebot oder melde Dich gerne telefonisch, per E-Mail oder Messenger.

Ich bin da für Dich.

Von Herzen,

Ursula =)

Unbewusste Trauer.

Wenn wir trauern, ohne es zu wissen...

Wenn die Erfahrung eines Verlustes kaum oder gar nicht emotional erfahren und durchlebt wird oder werden kann, drückt sich die Trauerreaktion vorwiegend über körperliche Symptome aus. Der Körper übernimmt die unverarbeiteten Gefühle und entwickelt spezifische Anpassungsstrategien, die sich als chronische und/oder psychosomatische Beschwerden zeigen. Die Trauer ist so tief in uns verborgen, dass wir uns an sie nicht mehr bewusst erinnern – wir haben die Verbindung zu unseren tiefsten Gefühlen verloren.

Vielleicht gab es schon in unserer Kindheit in unserem familiären Umfeld aus den verschiedensten Gründen kein Platz für unsere Gefühle. Vielleicht war niemand da, der unsere Trauer wahrgenommen hat. Vielleicht wollten wir unsere Trauer auch gar nicht zeigen, weil wir uns für unsere Gefühle schämten oder wir unsere Eltern und Geschwister nicht belasten wollten.

Aus der Somato Emotionalen Entspannung ist Phänomen der Trauer über unvollendete biologische Prozesse bekannt. Das bedeutet, dass ein natürlich geplanter oder vorherbestimmter biologischer Ablauf nicht vollendet wurde und sich als Unwohl-Sein, Schmerz oder Störung im Körper manifestiert. Dies kann eine Schwangerschaft sein, die durch eine Fehlgeburt oder einen Not-Kaiserschnitt nicht dem biologischen Programm gemäß vollendet wurde. Oder eine Geburt, bei der das Bonding mit dem Baby nicht in der optimalen Form möglich war. Auch ein gestörter Prozess der Reproduktion durch Sterilisation oder Kinderlosigkeit kann zu körperlichen Trauerprozessen führen.

Aber auch der Verlust der körperlichen Unversehrtheit durch Operationen, durch schwere Krankheiten oder der Verlust von biologischen Funktionen und körperlichen Fähigkeiten wie z.B. durch eine Sterilisation, eine Amputation oder die Entfernung eines Organs können biologische Trauerprozesse und entsprechende psychosomatische Beschwerden auslösen, wenn sich Betroffene des Verlustes nicht bewusst sind und diesen weder verarbeitet noch integriert haben.

Und schließlich kann es auch sein, dass wir um etwas trauern, das wir niemals hatten – beispielsweise eine unbeschwerte Kindheit, wenn wir ohne Vater, Mutter, Großeltern oder Geschwister aufwuchsen. Wenn wir viel zu früh erwachsen werden mussten durch kranke, traumatisierte oder süchtige Eltern, um die wir uns kümmern mussten oder weil wir selbst krank und lange Zeit im Spital auf uns selbst gestellt waren. Viele von uns trauern tief in ihrem Inneren, weil sie in einem Umfeld aufwuchsen, in dem ihr wahres Potenzial nicht erkannt, gesehen und gefördert wurde, weil sie nie vollständig und ganz wahrgenommen wurden, so wie sie wirklich sind – ihr Licht, ihre Liebe und ihre Seele.

Wenn wir von Anfang an mit solchen Verlusten leben müssen, dann wird der Verlust „normal“ und wir haben ganz vergessen, dass wir eine tiefe Traurigkeit in uns tragen, die gesehen, gefühlt und erlöst werden will.

Es gibt fünf verschiedene Formen von unbewusster Trauer, die sich besonders gravierend auf unser Leben auswirken: Verlust in vorgeburtlicher Zeit, Verlust einer heilen Geburtserfahrung, Verlust von Urvertrauen im Kindesalter, Verluste aus früheren Leben, Übernommene Verluste aus dem Ahnenfeld. 

Mehr Informationen dazu findest Du im Blog-Artikel „Unbewusste Trauer“.

Komplizierte Trauer.

Wenn Trauer kompliziert wird...

Werden die Gefühle der Trauer aus verschiedensten Gründen verneint, unterdrückt oder nur teilweise durchlebt, kann der Verlust im Laufe der Zeit nicht auf gesunde Weise verarbeitet und integriert werden. Die Auseinandersetzung mit dem Schmerz bleibt aus – wir bleiben in Trauerkrisen verhaftet.

Vor allem dann, wenn Betroffene sich selbst nicht erlauben zu trauern, sich für ihre Trauer schämen oder ihre Trauer aus verschiedenen persönlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Gründen nicht leben können, verkompliziert sich der Trauerprozess.

Die Trauer wird unterdrückt, dauert sehr lange an oder ist mit extremen Gefühlen verbunden – wie beispielsweise starkem Zorn oder extrem starken Schuldgefühlen. Diese Probleme hängen oft mit einer sehr ambivalenten und stark belasteten Beziehung zum Verstorbenen zusammen.

Die nicht verarbeitete Trauer kann sich in Depression, in Panik- und Angstzuständen, in verschiedensten psychosomatischen und körperlichen Symptomen ausdrücken und sogar Suchterkrankungen nach sich ziehen. Wir verlieren den positiven Blick auf uns und unser Leben, unsere Perspektiven und unseren Lebensmut.

Auch bereits länger zurückliegende Verluste, die noch nicht verarbeitet wurden, können eine große Belastung für Betroffene und ihr Umfeld darstellen und zu ungesunden und dauerhaften Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen führen.

Zieht sich der/die Trauernde sozial stark zurück, verspürt starke Schuldgefühle oder lang anhaltende Gefühle von Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit oder Verbitterung, leidet unter psychosomatischen Symptomen (Schlaflosigkeit, Brust- oder Herzschmerzen, Gewichtsabnahme, etc.) oder äußert den Wunsch, dem Verstorbenen zu folgen oder ohne das Verlorene nicht weiter leben zu können, ist eine professionelle psychologische Beratung oder Psychotherapie dringend anzuraten.

Erschwerte Trauer.

Wenn Trauer unerträglich ist...

Plötzlich und unerwartete sowie traumatische Todesfälle können den Trauerprozess erschweren oder verhindern beziehungsweise die Trauerreaktionen stark intensivieren.

Wenn Menschen durch eigene Hand (Suizid) aus dem Leben scheiden, ist der Prozess des Abschied-Nehmens und des Trauerns für die Hinterbliebenen sehr komplex. Trauer und Schmerz mischen sich mit Wut und Schuldgefühlen und quälenden Fragen nach dem Warum und was man hätte tun können, um es zu verhindern.

Hinzu kommt, dass das Thema Suizid in unserer Gesellschaft tabubehaftet ist – Betroffene sind mit einem stark verunsicherten Umfeld konfrontiert oder verschweigen den Suizid aus Schamgefühl oder um das Andenken des Verstorbenen nicht zu beschmutzen.

Der Tod des eigenen Kindes (plötzlicher Kindstod, Unfall, Krankheit, Drogenmissbrauch, Selbsttötung oder Gewaltverbrechen) stürzt die Hinterbliebenen und ihre gesamtes Umfeld meist in eine tiefe persönliche, partnerschaftliche und familiäre Krise. Nach einer Fehlgeburt, einer stillen Geburt oder dem Tod eines Neugeborenen fehlt im Umfeld häufig das Verständnis für die Gefühle und Bedürfnisse verwaister Eltern. 

Ein medizinisch notwendiger oder von den Eltern gewollter  Schwangerschaftsabbruch stellt ebenfalls eine traumatische Erfahrung und eine große Belastung für die Eltern und auch ihre Beziehung dar. Das Verständnis, dass nach einer bewussten Entscheidung zur Beendigung einer Schwangerschaft großer Schmerz, tiefe Trauer und starke Schulgefühle auftreten, fehlt meistens.

Auch unklare Verlustsituationen bei verschwundenen, verschollenen oder vermissten Personen, eine besonders belastete Beziehungssituation (körperlicher oder emotionaler Missbrauch, Co-Abhängigkeit),  vorausgegangene nicht bewältigte Verlusterfahrungen, soziale Isolation, ein fehlender emotionaler Austausch im persönlichen Umfeld sowie die Vermeidung der Auseinandersetzung mit dem Verlust können eine natürliche Verarbeitung erschweren, verlängern oder sogar unmöglich machen.