Ist Trauern notwendig? – Trauer als natürlicher Weg zur Heilung

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Inhaltsverzeichnis

Der Verlust eines geliebten Menschen hinterlässt eine sehr Wunde. Trauer ist die natürliche Antwort unseres Herzens auf diesen Verlust – ein Prozess, der uns hilft, den Schmerz zu verarbeiten und wieder ins Leben zu finden. Doch ist Trauern wirklich notwendig? Ja, denn Trauer ist kein Zustand, sondern ein aktiver Prozess, der uns ermöglicht, das Gleichgewicht in unserem Leben nach einem Verlust wiederherzustellen.

In diesem Artikel beleuchte ich, warum Trauer essenziell ist, welche Aufgaben sie mit sich bringt und wie sie uns hilft, den Verlust zu integrieren, ohne die Erinnerungen an unsere Liebsten loszulassen. Als Trauerbegleiterin, Lebensberaterin und Craniosacral-Therapeutin lade ich Dich ein, Deinen Trauerweg anzunehmen und mit Verständnis und Mitgefühl zu gehen.

Warum Trauern notwendig ist

Trauer ist keine Schwäche, sondern eine natürliche Reaktion auf einen bedeutsamen Verlust. Der Psychotherapeut Oskar Mittag beschreibt sie als einen Prozess, der uns hilft, den endgültigen Abschied von einem geliebten Menschen zu akzeptieren und uns wieder auf das Leben einzulassen. Psychologisch gesehen ist der Verlust eines Menschen so traumatisch wie eine schwere körperliche Verletzung. So wie eine Wunde Zeit braucht, um zu heilen, benötigt die Seele Zeit, um das emotionale Gleichgewicht wiederzufinden. Ohne diesen Prozess riskieren wir, in Schmerz, Schuld oder Leere steckenzubleiben, was unsere Fähigkeit beeinträchtigen kann, weiterzuleben und neue Bindungen einzugehen.

Trauer ist ein aktiver Prozess, der Anstrengung erfordert – Sigmund Freud sprach treffend von „Trauerarbeit“. Ähnlich wie bei der Heilung einer körperlichen Verletzung kann die Funktionsfähigkeit der Seele ganz oder teilweise wiederhergestellt werden, doch manchmal bleibt die Heilung unvollständig, wenn bestimmte Aufgaben nicht bewältigt werden. Diese Aufgaben sind essenziell, um die Trauer zu verarbeiten und das Leben mit neuen Perspektiven fortzuführen.

Trauer und Bindung

Die Bindungstheorie nach John Bowlby zeigt, warum Trauer so intensiv ist: Der Verlust eines geliebten Menschen aktiviert unser Bindungssystem, das nach Nähe und Sicherheit sucht. Trauer ist der Versuch, diese Bindung zu bewahren, auch wenn die physische Präsenz fehlt. Indem wir trauern, integrieren wir die Erinnerungen an den Verstorbenen in unser Leben, sodass die Liebe und die gemeinsamen Erfahrungen uns weiterhin begleiten.

Die Aufgaben der Trauer: Ein Weg zur Heilung

Trauern ist kein linearer Prozess, sondern besteht aus Aufgaben, die der Trauernde bewältigen muss, um Heilung zu finden. Diese Aufgaben, inspiriert von der Entwicklungspsychologie Robert Havighursts, ähneln den Herausforderungen, die ein Kind beim Wachsen meistern muss. Unbewältigte Aufgaben können die weitere emotionale Entwicklung hemmen, ähnlich wie ungelöste Trauer die Fähigkeit einschränkt, das Leben voll zu leben.

Hier sind die vier zentralen Traueraufgaben:

  1. Die Realität des Verlustes akzeptieren – Der erste Schritt ist, die Endgültigkeit des Verlustes anzuerkennen. Oft beginnt die Trauer mit Schock und Verleugnung – ein Gefühl der Taubheit, das den Schmerz zunächst abwehrt. Es ist normal, den Verlust nicht sofort begreifen zu können, doch die Akzeptanz, dass der Verstorbene nicht zurückkehrt, ist der Grundstein für die Heilung.
  2. Den Schmerz der Trauer zulassen – Nach dem Schock brechen oft chaotische Emotionen auf, wie Verena Kast es nennt. Schmerz, Wut, Schuldgefühle oder Angst können in Wellen über uns hereinbrechen, begleitet von körperlichen Symptomen wie Atemnot, Übelkeit oder Schlafstörungen. Diese Gefühle zuzulassen, ohne sie zu unterdrücken, ist essenziell, auch wenn es schmerzhaft ist. Der Versuch, Trauer durch Alkohol oder Medikamente zu betäuben, kann diesen Prozess verzögern.
  3. Sich an eine Welt ohne den Verstorbenen anpassen – Trauer bedeutet, das Leben ohne die geliebte Person neu zu gestalten. Dies kann Existenzängste oder Unsicherheiten über die Zukunft auslösen. Der Trauernde muss lernen, neue Routinen zu entwickeln und die Energie, die einst in die Beziehung floss, auf andere Menschen und Ziele zu richten.
  4. Eine neue Beziehung zum Verstorbenen finden – Trauer bedeutet nicht, den Verstorbenen zu vergessen, sondern die Beziehung zu ihm neu zu definieren. Die Erinnerungen, die Liebe und die gemeinsamen Erlebnisse bleiben ein Teil von uns. Diese Aufgabe ermöglicht es, den Verstorbenen im Herzen zu bewahren, während wir uns dem Leben wieder öffnen.

Die Herausforderung von Schuld und Wut

Schuldgefühle und Wut sind oft besonders schwierig in der Trauer. Gedanken wie „Hätte ich mehr getan?“ oder „Warum hat er mich verlassen?“ können quälend sein, besonders wenn der Tod mit Streit, Schmerzen oder unerledigten Dingen verbunden war. Diese Gefühle sind normal, doch sie dürfen nicht unterdrückt werden. In der Trauerbegleitung schaffen wir einen Raum, um diese Emotionen auszudrücken und zu verarbeiten, sodass sie die Heilung nicht blockieren.

Trauer als Wandlungskraft

Trauer ist nicht nur ein Ende, sondern auch ein Anfang. Sie fordert uns auf, loszulassen, ohne zu vergessen, und öffnet uns für neue Perspektiven. Indem wir die Traueraufgaben bewältigen, lernen wir, mit dem Verlust zu leben und unsere Identität neu zu entfalten. Die Erinnerungen an den Verstorbenen werden zu einem Schatz, der uns bereichert, anstatt uns zu belasten. Dieser Prozess ist anstrengend, doch er ermöglicht es uns, die Liebe und die gemeinsamen Erfahrungen in unser Leben zu integrieren.

Anteilnahme und Unterstützung von anderen Menschen sind in der Trauer von unschätzbarem Wert. Besonders in Momenten, in denen Angst, Schuld oder Leere überwiegen, kann Unterstützung durch Freunde, Familie oder professionelle Begleitung einen entscheidenden Unterschied machen. Eine Umarmung, ein offenes Ohr oder ein gemeinsames Erinnern können die Intensität von Schmerz, Wut und Angst mildern. Gemeinschaft hilft uns, die Realität des Verlustes zu akzeptieren und die Erinnerungen an den Verstorbenen zu bewahren, während wir uns dem Leben wieder zuwenden.

Dein Weg beginnt hier

Trauern ist notwendig. Es ist ein natürlicher Prozess, der Dir hilft, Deinen Verlust zu verarbeiten, Dein emotionales Gleichgewicht wiederzufinden und Dein Leben mit neuen Perspektiven fortzuführen. Trauer bedeutet nicht, den Verstorbenen loszulassen, sondern die Beziehung zu ihm neu zu definieren – die Erinnerungen und die Liebe in Dein Herz zu integrieren. Dieser Weg ist anstrengend, aber auch heilsam, denn er eröffnet Dir die Möglichkeit, Dich selbst neu zu entdecken.

Fühlst Du Dich in Deiner Trauer überfordert oder möchtest Du Unterstützung beim Verarbeiten eines Verlustes? Als Trauerbegleiterin, Lebensberaterin und Craniosacral-Therapeutin unterstütze ich Dich von Herzen gerne, Deinen einzigartigen Trauerweg zu gehen – mit einfühlsamen Gesprächen, spirituellen Impulsen und sanfter Körperarbeit.

Kontaktiere mich gerne telefonisch, per eMail oder Messenger für eine liebevolle und ganzheitliche Begleitung auf emotionaler, seelischer und körperlicher Ebene.

Ich bin da für Dich.

Von Herzen,

Ursula =)

Unbewusste Trauer.

Wenn wir trauern, ohne es zu wissen...

Wenn die Erfahrung eines Verlustes kaum oder gar nicht emotional erfahren und durchlebt wird oder werden kann, drückt sich die Trauerreaktion vorwiegend über körperliche Symptome aus. Der Körper übernimmt die unverarbeiteten Gefühle und entwickelt spezifische Anpassungsstrategien, die sich als chronische und/oder psychosomatische Beschwerden zeigen. Die Trauer ist so tief in uns verborgen, dass wir uns an sie nicht mehr bewusst erinnern – wir haben die Verbindung zu unseren tiefsten Gefühlen verloren.

Vielleicht gab es schon in unserer Kindheit in unserem familiären Umfeld aus den verschiedensten Gründen kein Platz für unsere Gefühle. Vielleicht war niemand da, der unsere Trauer wahrgenommen hat. Vielleicht wollten wir unsere Trauer auch gar nicht zeigen, weil wir uns für unsere Gefühle schämten oder wir unsere Eltern und Geschwister nicht belasten wollten.

Aus der Somato Emotionalen Entspannung ist Phänomen der Trauer über unvollendete biologische Prozesse bekannt. Das bedeutet, dass ein natürlich geplanter oder vorherbestimmter biologischer Ablauf nicht vollendet wurde und sich als Unwohl-Sein, Schmerz oder Störung im Körper manifestiert. Dies kann eine Schwangerschaft sein, die durch eine Fehlgeburt oder einen Not-Kaiserschnitt nicht dem biologischen Programm gemäß vollendet wurde. Oder eine Geburt, bei der das Bonding mit dem Baby nicht in der optimalen Form möglich war. Auch ein gestörter Prozess der Reproduktion durch Sterilisation oder Kinderlosigkeit kann zu körperlichen Trauerprozessen führen.

Aber auch der Verlust der körperlichen Unversehrtheit durch Operationen, durch schwere Krankheiten oder der Verlust von biologischen Funktionen und körperlichen Fähigkeiten wie z.B. durch eine Sterilisation, eine Amputation oder die Entfernung eines Organs können biologische Trauerprozesse und entsprechende psychosomatische Beschwerden auslösen, wenn sich Betroffene des Verlustes nicht bewusst sind und diesen weder verarbeitet noch integriert haben.

Und schließlich kann es auch sein, dass wir um etwas trauern, das wir niemals hatten – beispielsweise eine unbeschwerte Kindheit, wenn wir ohne Vater, Mutter, Großeltern oder Geschwister aufwuchsen. Wenn wir viel zu früh erwachsen werden mussten durch kranke, traumatisierte oder süchtige Eltern, um die wir uns kümmern mussten oder weil wir selbst krank und lange Zeit im Spital auf uns selbst gestellt waren. Viele von uns trauern tief in ihrem Inneren, weil sie in einem Umfeld aufwuchsen, in dem ihr wahres Potenzial nicht erkannt, gesehen und gefördert wurde, weil sie nie vollständig und ganz wahrgenommen wurden, so wie sie wirklich sind – ihr Licht, ihre Liebe und ihre Seele.

Wenn wir von Anfang an mit solchen Verlusten leben müssen, dann wird der Verlust „normal“ und wir haben ganz vergessen, dass wir eine tiefe Traurigkeit in uns tragen, die gesehen, gefühlt und erlöst werden will.

Es gibt fünf verschiedene Formen von unbewusster Trauer, die sich besonders gravierend auf unser Leben auswirken: Verlust in vorgeburtlicher Zeit, Verlust einer heilen Geburtserfahrung, Verlust von Urvertrauen im Kindesalter, Verluste aus früheren Leben, Übernommene Verluste aus dem Ahnenfeld. 

Mehr Informationen dazu findest Du im Blog-Artikel „Unbewusste Trauer“.

Komplizierte Trauer.

Wenn Trauer kompliziert wird...

Werden die Gefühle der Trauer aus verschiedensten Gründen verneint, unterdrückt oder nur teilweise durchlebt, kann der Verlust im Laufe der Zeit nicht auf gesunde Weise verarbeitet und integriert werden. Die Auseinandersetzung mit dem Schmerz bleibt aus – wir bleiben in Trauerkrisen verhaftet.

Vor allem dann, wenn Betroffene sich selbst nicht erlauben zu trauern, sich für ihre Trauer schämen oder ihre Trauer aus verschiedenen persönlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Gründen nicht leben können, verkompliziert sich der Trauerprozess.

Die Trauer wird unterdrückt, dauert sehr lange an oder ist mit extremen Gefühlen verbunden – wie beispielsweise starkem Zorn oder extrem starken Schuldgefühlen. Diese Probleme hängen oft mit einer sehr ambivalenten und stark belasteten Beziehung zum Verstorbenen zusammen.

Die nicht verarbeitete Trauer kann sich in Depression, in Panik- und Angstzuständen, in verschiedensten psychosomatischen und körperlichen Symptomen ausdrücken und sogar Suchterkrankungen nach sich ziehen. Wir verlieren den positiven Blick auf uns und unser Leben, unsere Perspektiven und unseren Lebensmut.

Auch bereits länger zurückliegende Verluste, die noch nicht verarbeitet wurden, können eine große Belastung für Betroffene und ihr Umfeld darstellen und zu ungesunden und dauerhaften Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen führen.

Zieht sich der/die Trauernde sozial stark zurück, verspürt starke Schuldgefühle oder lang anhaltende Gefühle von Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit oder Verbitterung, leidet unter psychosomatischen Symptomen (Schlaflosigkeit, Brust- oder Herzschmerzen, Gewichtsabnahme, etc.) oder äußert den Wunsch, dem Verstorbenen zu folgen oder ohne das Verlorene nicht weiter leben zu können, ist eine professionelle psychologische Beratung oder Psychotherapie dringend anzuraten.

Erschwerte Trauer.

Wenn Trauer unerträglich ist...

Plötzlich und unerwartete sowie traumatische Todesfälle können den Trauerprozess erschweren oder verhindern beziehungsweise die Trauerreaktionen stark intensivieren.

Wenn Menschen durch eigene Hand (Suizid) aus dem Leben scheiden, ist der Prozess des Abschied-Nehmens und des Trauerns für die Hinterbliebenen sehr komplex. Trauer und Schmerz mischen sich mit Wut und Schuldgefühlen und quälenden Fragen nach dem Warum und was man hätte tun können, um es zu verhindern.

Hinzu kommt, dass das Thema Suizid in unserer Gesellschaft tabubehaftet ist – Betroffene sind mit einem stark verunsicherten Umfeld konfrontiert oder verschweigen den Suizid aus Schamgefühl oder um das Andenken des Verstorbenen nicht zu beschmutzen.

Der Tod des eigenen Kindes (plötzlicher Kindstod, Unfall, Krankheit, Drogenmissbrauch, Selbsttötung oder Gewaltverbrechen) stürzt die Hinterbliebenen und ihre gesamtes Umfeld meist in eine tiefe persönliche, partnerschaftliche und familiäre Krise. Nach einer Fehlgeburt, einer stillen Geburt oder dem Tod eines Neugeborenen fehlt im Umfeld häufig das Verständnis für die Gefühle und Bedürfnisse verwaister Eltern. 

Ein medizinisch notwendiger oder von den Eltern gewollter  Schwangerschaftsabbruch stellt ebenfalls eine traumatische Erfahrung und eine große Belastung für die Eltern und auch ihre Beziehung dar. Das Verständnis, dass nach einer bewussten Entscheidung zur Beendigung einer Schwangerschaft großer Schmerz, tiefe Trauer und starke Schulgefühle auftreten, fehlt meistens.

Auch unklare Verlustsituationen bei verschwundenen, verschollenen oder vermissten Personen, eine besonders belastete Beziehungssituation (körperlicher oder emotionaler Missbrauch, Co-Abhängigkeit),  vorausgegangene nicht bewältigte Verlusterfahrungen, soziale Isolation, ein fehlender emotionaler Austausch im persönlichen Umfeld sowie die Vermeidung der Auseinandersetzung mit dem Verlust können eine natürliche Verarbeitung erschweren, verlängern oder sogar unmöglich machen.