URSULA HOHLWEG

Trauermodelle – Wie Trauer verstanden und begleitet wird

Violette Orchidee für Trauermodelle im Überblick

Inhaltsverzeichnis

Erlebst Du Trauer und suchst Orientierung? Trauermodelle bieten Halt, indem sie Trauerprozesse erklären und begleiten. Als Trauerbegleiterin, Lebens- und Sozialberaterin und Craniosacral-Therapeutin nehme ich Dich in diesem Artikel mit auf eine historische Reise durch verschiedenste Trauermodelle – von Freuds Trauerarbeit bis zum Continuing Bonds Konzept. Einige dieser Konzepte bilden den theoretischen Hintergrund meiner Trauerbegleitung, in der ich Dich mit einfühlsamen Gesprächen und Achtsamer Körperarbeit unterstütze, Trauer zu verarbeiten und neuen Lebensmut zu finden.

Warum Trauermodelle wichtig sind

Trauer ist ein universelles Erlebnis, das Liebe, Verlust und den Wunsch nach Weitergehen verbindet – und doch so individuell wie Du. Seit Jahrhunderten bieten Trauermodelle den Menschen Struktur und Trost und helfen ihnen Trauer zu verstehen – von Freuds Trauerarbeit bis zum Continuing Bonds Konzept. Sie zeigen: Trauer ist nicht nur Schmerz, sondern kann ein Weg zu innerem Wachstum sein.

Historischer Überblick über Trauermodelle

Inspiriert von Christa Diegelmanns Buch „Therapie-Tools Trauer“ stelle ich Dir nachfolgende die verschiedenen Trauermodelle vor – von den 1920er Jahren bis zu einem Ausblick auf die Trauermodelle der Zukunft.

1920er Jahre: Freuds Trauerarbeit

In den 1920er Jahren, einer Zeit des Umbruchs nach dem Ersten Weltkrieg, prägte Sigmund Freud mit seiner Psychoanalyse das Verständnis von Trauer. In seinem Werk „Trauer und Melancholie“ (1915) führte er den Begriff Trauerarbeit ein – ein Konzept, das bis heute nachhallt. Für Freud war Trauer ein natürlicher, notwendiger Prozess, um den Verlust eines geliebten Menschen oder Objekts zu verarbeiten. Er sah Trauer als eine Arbeit der Seele, bei der Du die emotionale Bindung an das Verlorene allmählich löst, um Dich neuen Beziehungen zu öffnen. Dieser Ansatz betonte die Bedeutung der Trauer für Deine seelische Gesundheit, auch wenn die Idee einer vollständigen Loslösung heute durch Konzepte wie Continuing Bonds ergänzt wird. Freuds Arbeit war ein Meilenstein, der uns lehrte, Trauer als tiefen, transformierenden Prozess zu ehren.

1940er Jahre: Lindemanns Trauerphasen

Während des Zweiten Weltkriegs, einer Ära kollektiver Traumata und unermesslicher Verluste, lenkte Erich Lindemann (1944) den Fokus auf die Individualität der Trauer. Er entwickelte ein frühes Phasenmodell, das Trauerreaktionen strukturierte: von anfänglichem Schock und Leugnen bis hin zur schrittweisen Annahme des Verlustes. Lindemann erkannte, dass jede Person Trauer auf ihre eigene Weise durchlebt, geprägt von Persönlichkeit, Lebensumständen und sozialem Umfeld. Sein Trauermodell war ein Schritt hin zu einem differenzierten Verständnis, das die Einzigartigkeit Deines Trauerprozesses anerkennt – ein Prinzip, das meine Arbeit als Trauerbegleiterin zutiefst inspiriert.

1946: Frankls Sinnfindung

Viktor E. Frankl, ein Überlebender des Holocaust, veröffentlichte 1946 sein bewegendes Werk „Trotzdem Ja zum Leben sagen“. Auf Basis seiner Erfahrungen im Konzentrationslager, wo er den Verlust seiner Familie erlitt, betonte er die Kraft der Sinnfindung. Frankl lehrte, dass Leiden unvermeidbar ist, aber Du die Freiheit hast, zu wählen, wie Du damit umgehst. Indem Du Sinn in Deinem Schmerz findest und neue Ziele setzt, kannst Du Verluste in Dein Leben integrieren. Dieser Ansatz ist für meine Arbeit von zentraler Bedeutung: Mit einfühlsamen Gesprächen unterstütze ich Dich, Deine Trauer als Teil Deiner Lebensgeschichte zu sehen und neue Perspektiven zu entdecken.

1950er Jahre: Traditionelle Trauernormen

Die 1950er Jahre waren geprägt von strengen gesellschaftlichen Normen, die auch den Umgang mit Trauer regelten. Trauer war eine private Angelegenheit, oft begleitet von formellen Ritualen wie schwarzer Kleidung oder festgelegten Trauerzeiten. Offene Emotionen waren weniger akzeptiert, was viele Menschen dazu brachte, ihre Gefühle zu unterdrücken. Diese Normen können helfen, verbotene Trauer zu verstehen – etwa wenn Deine Trauer nach einer Abtreibung oder dem Verlust eines Haustiers vom Umfeld nicht anerkannt wird. In meiner Arbeit schaffe ich einen Raum, in dem alle Gefühle erlaubt sind, inspiriert von der Erkenntnis, dass Trauer Ausdruck braucht.

1960er Jahre: Kübler-Ross’ 5-Phasen-Trauermodell

Elisabeth Kübler-Ross revolutionierte 1969 mit ihrem Fünf-Phasen-Modell das Verständnis von Trauer. Basierend auf Interviews mit Sterbenden beschrieb sie fünf Phasen, die oft auch auf Trauernde übertragen werden:

  1. Nicht-Wahrhaben-Wollen: Die Hoffnung, dass der Verlust ein Irrtum ist.
  2. Zorn: Fragen nach dem „Warum ich?“ oder „Warum jetzt?“.
  3. Verhandeln: Der Wunsch, den Verlust aufzuschieben.
  4. Depression: Tiefe Trauer um das Verlorene.
  5. Akzeptanz: Ein inneres Loslassen und Annehmen.

Dieses Trauermodell wurde weltweit bekannt, doch es gibt Kritik: Es ist nicht empirisch belegt und kann die Erwartung wecken, Trauer müsse linear verlaufen. Dennoch bietet es Orientierung, indem es die Vielfalt der Gefühle sichtbar macht. In meiner Arbeit nutze ich Kübler-Ross’ Ansatz, um Dich zu ermutigen, alle Emotionen – von Wut bis Akzeptanz – willkommen zu heißen.

1970er-1980er Jahre: Bindung und prozesshafte Modelle

John Bowlby (1977/1983) entwickelte ein Phasenmodell aus der Bindungsperspektive. Nach seiner Theorie lösen Verluste enger Bindungen starke Trauerreaktionen aus, die in Phasen verlaufen: Schock, Protest, Verzweiflung und schließlich Anpassung. Bowlby betonte, dass Trauerbewältigung kognitives und emotionales Akzeptieren sowie eine Veränderung der Identität erfordert. Dieser Ansatz zeigt, wie tief Beziehungen unsere Trauer prägen – ein Aspekt, den ich mit Systemischen Aufstellungen in meiner Arbeit aufgreife.

Verena Kast (1982) beschrieb vier prozesshafte Phasen, die Trauer als dynamischen Prozess verstehen: (1) Nicht-Wahrhaben-Wollen: Der erste Schock. (2) Aufbrechende Emotionen: Gefühle wie Wut oder Schmerz kommen hoch. (3) Suchen und sich trennen: Erinnerungen und Abschied nehmen. (4) Neuer Selbst- und Weltbezug: Ein Schritt in ein verändertes Leben. Kast betonte, dass diese Phasen nicht linear sind, sondern wiederholt und in Wellen durchlebt werden. Ihr Trauermodell ist flexibel und realistisch, weshalb ich es oft mit anderen Modellen kombiniere, um Deinen individuellen Trauerprozess zu unterstützen.

1980er-2000er Jahre: Dritte Welle und Traumaansätze

Dritte Welle der Verhaltenstherapie: Ansätze wie Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT), achtsmanheitsorientierte Kognitive Therapie (MBCT) oder Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) legten den Fokus auf Akzeptanz, Mitgefühl und Achtsamkeit. Diese Konzepte sind auch für die Trauerbegleitung wertvoll, da sie Dich ermutigen, Gefühle anzunehmen, ohne sie zu bekämpfen. In meiner Arbeit nutze ich achtsame Elemente, um Dich in Momenten der Trauer zu erden, z. B. durch Craniosacrale Biodynamik.

Anke Ehlers & David M. Clark (1990) entwickelten ein kognitives Modell der Posttraumatischen Belastungsstörung, das auch Trauerinterventionen beeinflusste, insbesondere bei traumatischer Trauer.

Christa Diegelmann (2007) prägte mit TRUST ein resilienzorientiertes Trauermodell, das Ressourcen und neurobiologische Aspekte in Krisen betont. Dies spiegelt sich in meiner Arbeit wider, wenn ich Deine inneren Stärken fördere.

1990er-2000er Jahre: Continuing Bonds Konzept

In den späten 1990er Jahren entwickelten Dennis Klass, Phyllis R. Silverman und Steven L. Nickman das Continuing Bonds Konzept, das die Sicht auf Trauer grundlegend veränderte. Im Gegensatz zu Freuds Idee der Loslösung betont dieses Trauermodell, dass die Beziehung zu einem verstorbenen Menschen nicht enden muss:

  • Du kannst eine fortlaufende Bindung zum Verstorbenen pflegen, z. B. durch Erinnerungen, Rituale oder innere Gespräche.
  • Diese Bindung ist nicht hinderlich, sondern kann Trost spenden und das Leben bereichern.
  • Trauer bedeutet, die Beziehung neu zu definieren, nicht sie aufzugeben.

Das Continuing Bonds Konzept ist für meine Arbeit zentral, da es die Liebe und Verbindung würdigt, die über den Tod hinaus bestehen. Mit Systemischen Aufstellungen unterstütze ich Dich, diese Bindung achtsam zu gestalten, z. B. bei Trauer nach emotionalem Missbrauch, wo Beziehungen komplex sein können.

2000er Jahre: Digitale Trauerkultur und Resilienz

Margaret Stroebe & Henk Schut (1999/2010) entwickelten das Duale Prozessmodell (DPM), das Trauer als ein Oszillieren zwischen verlustbezogenen Aufgaben (Gefühle zulassen, Erinnerungen verarbeiten) einerseits und wiederherstellungsbezogenen Aufgaben (den Alltag gestalten, neue Rollen finden) andererseits. 2015 erweiterten sie das Modell um die Familienperspektive (DPM-R), die soziale Dynamiken einbezieht. Das DPM ist ein wesentliches Element in meiner Arbeit: Ich helfe Dir, zwischen Trauer und Lebensfreude zu pendeln, beispielsweise auch durch das körperliche Erleben Deiner Gefühle in der Somato Emotionalen Entspannung.

George A. Bonanno (2008) zeigte in seiner Forschung, dass viele Menschen resilient mit Verlusten umgehen und gestärkt daraus hervorgehen. Dies inspiriert mich, Deine inneren Ressourcen zu stärken.

Digitale Trauerkultur: Seit 2004 prägt Social Media die Trauer. Digitale Kondolenzbücher, Trauerforen oder Online-Gräber sind Teil der modernen Bewältigung, was die Bedeutung von Gemeinschaft unterstreicht.

2010er Jahre: Neurobiologie und Anhaltende Trauerstörung

Daniel J. Siegel (2012) betonte mit seiner Interpersonellen Neurobiologie die Rolle achtsamer Kommunikation und eines emotionalen „Window of Tolerance“. Dies hilft, Trauer flexibel zu verarbeiten, was ich durch Körperarbeit wie Kahi Loa unterstütze, besonders bei vorgeburtlichen Prägungen.

Rita Rosner (2015) entwickelte Manuale für die Therapie der Anhaltenden Trauerstörung (ATS), die kognitiv-verhaltenstherapeutisch wirksam sind.

Holly G. Prigerson (2009) etablierte diagnostische Kriterien für komplizierte Trauer, die in DSM-5 und ICD-11 aufgenommen wurden.

2020er Jahre: Systemische und neurobiologische Perspektiven

ICD-11 (2022) führte die Anhaltende Trauerstörung als Diagnose ein, neben PTBS und Anpassungsstörung, was die Komplexität von Trauer anerkennt.

Heidi Müller, Susanne Kiepke-Ziemes & Urs Münch (2022) erweiterten das DPM-R um einen systemischen Blick, der gesellschaftliche und kulturelle Einflüsse betont. Dies spiegelt meine Arbeit mit Systemischen Aufstellungen, die familiäre Dynamiken sichtbar machen.

Mary-Frances O’Connor (2022) beschrieb in „The Grieving Brain“ Trauer als Lernprozess, bei dem das Gehirn Verluste durch Anpassung integriert. Ihre neurobiologische Perspektive inspiriert meine Körperarbeit, die Dein Nervensystem beruhigt.

Resilienzorientierte Ansätze betonen Stärken einerseits und sozialen Ressourcen andererseits, um Trauer ins Leben zu integrieren. Sie fördern Selbstvertrauen, Empowerment und posttraumatisches Wachstum. Jedoch haben nicht alle Betroffenen ausreichende Ressourcen, und kulturelle Unterschiede können die Wirksamkeit beeinflussen.

Zukunft der Trauermodelle (2030)

Die Trauerkultur wird sich weiter individualisieren, geprägt von digitalen Plattformen und transkulturellen Perspektiven. Neue Modelle könnten durch Fortschritte in Psychologie, Neurobiologie und Technologie entstehen, mit präziseren Wirksamkeitsnachweisen für Interventionen. Die digitale Trauerkultur – von Online-Gedenkstätten bis zu Trauer-Apps – wird neue Wege der Verbindung und des Ausdrucks bieten.

Wie ich Trauermodelle in meiner Arbeit nutze

In meiner Arbeit als Trauerbegleiterin lasse ich mich von einer Vielzahl von Trauermodellen inspirieren, um Dich individuell und ganzheitlich zu unterstützen, sowohl bei komplexen Trauererfahrungen wie vorgeburtlichen Prägungen als auch bei emotionalem Missbrauch. Meine Ansätze sind:

  • Wordens Traueraufgaben: Diese vier Aufgaben – den Verlust akzeptieren, Schmerz zulassen, sich an eine veränderte Umgebung anpassen und die Beziehung zum Verstorbenen neu platzieren – bieten eine flexible Struktur, die Deinen Prozess respektiert. Ich nutze sie, um Dich Schritt für Schritt durch die Trauer zu führen, beispielsweise durch gezielte Rituale oder Gespräche.
  • Verena Kasts Phasen: Ihre vier Phasen (Nicht-Wahrhaben-Wollen, aufbrechende Emotionen, Suchen und sich trennen, neuer Selbst- und Weltbezug) erlauben es, Deine Emotionen in Wellen zu erleben, ohne linearen Druck. Ich integriere sie in einfühlsame Gespräche, um Deine Gefühle zu würdigen.
  • Duales Prozessmodell (DPM): Dieses Modell von Stroebe und Schut hilft Dir, zwischen verlustbezogenen (Gefühle zulassen) und wiederherstellungsbezogenen Aufgaben (Alltag bewältigen/gestalten) zu pendeln. Ich unterstütze Dich, Balance zu finden, zum Beispiel durch Somato Emotionale Entspannung, die emotionale Spannungen im Körper löst.
  • Continuing Bonds Konzept: Ich helfe Dir, eine tröstliche Bindung zum Verstorbenen zu pflegen, z. B. durch Rituale, Erinnerungen oder innere Gespräche. Dies ist besonders wertvoll bei komplexer Trauer, etwa nach emotional belasteten Beziehungen, unterstützt durch Systemische Aufstellungen, die Beziehungsdynamiken klären.

Diese Trauermodelle kombiniere ich mit systemischen Ansätzen, wie Systemischen Aufstellungen, um familiäre oder transgenerationale Dynamiken sichtbar zu machen, zum Beispiel bei Trauer, die durch unverarbeitete Verluste in der Familie entsteht. Resilienzorientierte Ansätze fördern Deine inneren Stärken und Selbstvertrauen. Neurobiologische Erkenntnisse fließen in meine Körperarbeit ein: Craniosacrale Biodynamik und Somato Emotionale Entspannung beruhigen Dein Nervensystem, besonders bei vorgeburtlichen Prägungen, während Kahi Loa Lebensfreude weckt. Einfühlsame Gespräche schaffen einen sicheren Raum, in dem Du alle Facetten Deiner Trauer ausdrücken kannst, um inneren Frieden und neue Lebensfreude zu finden.

Welches Trauermodell spricht Dich an?

Jeder Trauerprozess ist einzigartig, und kein Trauermodell kann ihn vollständig erfassen. Ob Freuds Trauerarbeit, Kasts Phasen, das Duale Prozessmodell oder Continuing Bonds – diese Ansätze sind aber trotzdem wertvolle Konzepte und Werkzeuge, die Dir helfen können, Deinen Trauerweg heilsam zu gehen.

Möchtest Du Trauerbegleitung erleben? Kontaktiere mich gerne telefonisch, per E-Mail oder Messenger für Fragen oder Termine. Ich freue mich, Dich mit Gespräch und Körperarbeit achtsam auf Deinem Weg zu begleiten, um Deine Trauer in eine Quelle der Stärke zu verwandeln!

Von Herzen,

Ursula =)

Unbewusste Trauer.

Wenn wir trauern, ohne es zu wissen...

Wenn die Erfahrung eines Verlustes kaum oder gar nicht emotional erfahren und durchlebt wird oder werden kann, drückt sich die Trauerreaktion vorwiegend über körperliche Symptome aus. Der Körper übernimmt die unverarbeiteten Gefühle und entwickelt spezifische Anpassungsstrategien, die sich als chronische und/oder psychosomatische Beschwerden zeigen. Die Trauer ist so tief in uns verborgen, dass wir uns an sie nicht mehr bewusst erinnern – wir haben die Verbindung zu unseren tiefsten Gefühlen verloren.

Vielleicht gab es schon in unserer Kindheit in unserem familiären Umfeld aus den verschiedensten Gründen kein Platz für unsere Gefühle. Vielleicht war niemand da, der unsere Trauer wahrgenommen hat. Vielleicht wollten wir unsere Trauer auch gar nicht zeigen, weil wir uns für unsere Gefühle schämten oder wir unsere Eltern und Geschwister nicht belasten wollten.

Aus der Somato Emotionalen Entspannung ist Phänomen der Trauer über unvollendete biologische Prozesse bekannt. Das bedeutet, dass ein natürlich geplanter oder vorherbestimmter biologischer Ablauf nicht vollendet wurde und sich als Unwohl-Sein, Schmerz oder Störung im Körper manifestiert. Dies kann eine Schwangerschaft sein, die durch eine Fehlgeburt oder einen Not-Kaiserschnitt nicht dem biologischen Programm gemäß vollendet wurde. Oder eine Geburt, bei der das Bonding mit dem Baby nicht in der optimalen Form möglich war. Auch ein gestörter Prozess der Reproduktion durch Sterilisation oder Kinderlosigkeit kann zu körperlichen Trauerprozessen führen.

Aber auch der Verlust der körperlichen Unversehrtheit durch Operationen, durch schwere Krankheiten oder der Verlust von biologischen Funktionen und körperlichen Fähigkeiten wie z.B. durch eine Sterilisation, eine Amputation oder die Entfernung eines Organs können biologische Trauerprozesse und entsprechende psychosomatische Beschwerden auslösen, wenn sich Betroffene des Verlustes nicht bewusst sind und diesen weder verarbeitet noch integriert haben.

Und schließlich kann es auch sein, dass wir um etwas trauern, das wir niemals hatten – beispielsweise eine unbeschwerte Kindheit, wenn wir ohne Vater, Mutter, Großeltern oder Geschwister aufwuchsen. Wenn wir viel zu früh erwachsen werden mussten durch kranke, traumatisierte oder süchtige Eltern, um die wir uns kümmern mussten oder weil wir selbst krank und lange Zeit im Spital auf uns selbst gestellt waren. Viele von uns trauern tief in ihrem Inneren, weil sie in einem Umfeld aufwuchsen, in dem ihr wahres Potenzial nicht erkannt, gesehen und gefördert wurde, weil sie nie vollständig und ganz wahrgenommen wurden, so wie sie wirklich sind – ihr Licht, ihre Liebe und ihre Seele.

Wenn wir von Anfang an mit solchen Verlusten leben müssen, dann wird der Verlust „normal“ und wir haben ganz vergessen, dass wir eine tiefe Traurigkeit in uns tragen, die gesehen, gefühlt und erlöst werden will.

Es gibt fünf verschiedene Formen von unbewusster Trauer, die sich besonders gravierend auf unser Leben auswirken: Verlust in vorgeburtlicher Zeit, Verlust einer heilen Geburtserfahrung, Verlust von Urvertrauen im Kindesalter, Verluste aus früheren Leben, Übernommene Verluste aus dem Ahnenfeld. 

Mehr Informationen dazu findest Du im Blog-Artikel „Unbewusste Trauer“.

Komplizierte Trauer.

Wenn Trauer kompliziert wird...

Werden die Gefühle der Trauer aus verschiedensten Gründen verneint, unterdrückt oder nur teilweise durchlebt, kann der Verlust im Laufe der Zeit nicht auf gesunde Weise verarbeitet und integriert werden. Die Auseinandersetzung mit dem Schmerz bleibt aus – wir bleiben in Trauerkrisen verhaftet.

Vor allem dann, wenn Betroffene sich selbst nicht erlauben zu trauern, sich für ihre Trauer schämen oder ihre Trauer aus verschiedenen persönlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Gründen nicht leben können, verkompliziert sich der Trauerprozess.

Die Trauer wird unterdrückt, dauert sehr lange an oder ist mit extremen Gefühlen verbunden – wie beispielsweise starkem Zorn oder extrem starken Schuldgefühlen. Diese Probleme hängen oft mit einer sehr ambivalenten und stark belasteten Beziehung zum Verstorbenen zusammen.

Die nicht verarbeitete Trauer kann sich in Depression, in Panik- und Angstzuständen, in verschiedensten psychosomatischen und körperlichen Symptomen ausdrücken und sogar Suchterkrankungen nach sich ziehen. Wir verlieren den positiven Blick auf uns und unser Leben, unsere Perspektiven und unseren Lebensmut.

Auch bereits länger zurückliegende Verluste, die noch nicht verarbeitet wurden, können eine große Belastung für Betroffene und ihr Umfeld darstellen und zu ungesunden und dauerhaften Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen führen.

Zieht sich der/die Trauernde sozial stark zurück, verspürt starke Schuldgefühle oder lang anhaltende Gefühle von Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit oder Verbitterung, leidet unter psychosomatischen Symptomen (Schlaflosigkeit, Brust- oder Herzschmerzen, Gewichtsabnahme, etc.) oder äußert den Wunsch, dem Verstorbenen zu folgen oder ohne das Verlorene nicht weiter leben zu können, ist eine professionelle psychologische Beratung oder Psychotherapie dringend anzuraten.

Erschwerte Trauer.

Wenn Trauer unerträglich ist...

Plötzlich und unerwartete sowie traumatische Todesfälle können den Trauerprozess erschweren oder verhindern beziehungsweise die Trauerreaktionen stark intensivieren.

Wenn Menschen durch eigene Hand (Suizid) aus dem Leben scheiden, ist der Prozess des Abschied-Nehmens und des Trauerns für die Hinterbliebenen sehr komplex. Trauer und Schmerz mischen sich mit Wut und Schuldgefühlen und quälenden Fragen nach dem Warum und was man hätte tun können, um es zu verhindern.

Hinzu kommt, dass das Thema Suizid in unserer Gesellschaft tabubehaftet ist – Betroffene sind mit einem stark verunsicherten Umfeld konfrontiert oder verschweigen den Suizid aus Schamgefühl oder um das Andenken des Verstorbenen nicht zu beschmutzen.

Der Tod des eigenen Kindes (plötzlicher Kindstod, Unfall, Krankheit, Drogenmissbrauch, Selbsttötung oder Gewaltverbrechen) stürzt die Hinterbliebenen und ihre gesamtes Umfeld meist in eine tiefe persönliche, partnerschaftliche und familiäre Krise. Nach einer Fehlgeburt, einer stillen Geburt oder dem Tod eines Neugeborenen fehlt im Umfeld häufig das Verständnis für die Gefühle und Bedürfnisse verwaister Eltern. 

Ein medizinisch notwendiger oder von den Eltern gewollter  Schwangerschaftsabbruch stellt ebenfalls eine traumatische Erfahrung und eine große Belastung für die Eltern und auch ihre Beziehung dar. Das Verständnis, dass nach einer bewussten Entscheidung zur Beendigung einer Schwangerschaft großer Schmerz, tiefe Trauer und starke Schulgefühle auftreten, fehlt meistens.

Auch unklare Verlustsituationen bei verschwundenen, verschollenen oder vermissten Personen, eine besonders belastete Beziehungssituation (körperlicher oder emotionaler Missbrauch, Co-Abhängigkeit),  vorausgegangene nicht bewältigte Verlusterfahrungen, soziale Isolation, ein fehlender emotionaler Austausch im persönlichen Umfeld sowie die Vermeidung der Auseinandersetzung mit dem Verlust können eine natürliche Verarbeitung erschweren, verlängern oder sogar unmöglich machen.