Traumatische Trauer: Tiefe Spuren in Seele und Körper

Violette Blüte für Traumatische Trauer bei trauerlicht

Inhaltsverzeichnis

Der Verlust eines geliebten Menschen ist ein tiefer Einschnitt, der Dein Leben erschüttert. Wenn dieser Verlust durch ein traumatisches Ereignis wie einen Unfall, Suizid oder plötzlichen Tod ausgelöst wird, kann die Trauer besonders schwer wiegen. Traumatische Trauer blockiert oft den natürlichen Trauerprozess, hält Dich in einer Endlosschleife aus Schmerz fest und macht Heilung oftmals sehr schwierig.

Als Trauerbegleiterin, Lebensberaterin und Craniosacral-Therapeutin weiß ich, wie wichtig es ist, die Unterschiede zwischen Trauer und Trauma zu erkennen und gezielte Unterstützung zu suchen. In diesem Artikel erfährst Du, wie traumatische Trauer entsteht, wie sie sich von normaler Trauer unterscheidet und welche Wege Dir helfen, Trost und Heilung zu finden.

Traumatische Trauer: Wenn der Schmerz die Seele gefangen hält

Traumatische Trauer entsteht, wenn ein Verlust durch ein überwältigendes Ereignis ausgelöst wird, das Deine innere und äußere Sicherheit erschüttert. Plötzliche Todesarten wie Unfälle, Suizid, Mord oder plötzlicher Kindstod (SIDS) können Dich in einer Trauma-Reaktion gefangen halten, die den natürlichen Trauerprozess blockiert. Nach Chris Paul (2006) passiert bei einem Trauma „zu viel, zu schnell, zu plötzlich“, was Deine Bewältigungsmechanismen überfordert. Das Gefühl von Ohnmacht und Kontrollverlust führt zu einer tiefen Erschütterung Deines Selbst- und Weltverständnisses.

Betroffene erleben oft eine Endlosschleife, in der Erinnerungen an den Tod – ausgelöst durch Trigger wie Geräusche, Gerüche oder Worte – immer wieder hochkommen. Diese Flashbacks lassen den Schmerz so real wirken, als würde das Ereignis erneut geschehen. Symptome wie emotionale Taubheit, Leere, Verzweiflung, Bitterkeit oder Wut können sich breitmachen. Manche fühlen sich, als hätten sie einen Teil ihrer selbst verloren, und die Zukunft erscheint sinnlos. Traumatische Trauer wird ab etwa sechs Monaten nach dem Verlust benannt, wenn diese Symptome anhalten und die Verarbeitung der Trauergefühle blockieren.

Trauma verstehen: Ein Bruch in der Lebensgeschichte

Ein Trauma, wie von Fischer und Riedesser (2003) beschrieben, ist ein „vitales Diskrepanz-Erleben“ zwischen einer bedrohlichen Situation und Deinen Bewältigungsmöglichkeiten. Es führt zu einem Kurzschluss im Gehirn: Die Amygdala, deine „Alarmanlage“, löst Adrenalin aus, die Atmung wird flach, das Sprachzentrum wird lahmgelegt, und das Stammhirn übernimmt mit urzeitlichen Reaktionen – Kampf, Flucht oder Schockstarre. Erinnerungen brennen sich ein, bleiben aber oft fragmentiert: Bilder, Geräusche oder Gefühle sind isoliert gespeichert, ohne in Deine Lebensgeschichte integriert zu sein. Trigger rufen diese Fragmente später hervor, sodass Du das Trauma immer wieder durchlebst.

Ein Trauma kann zu langanhaltenden Symptomen führen, wie Intrusionen (Flashbacks, Albträume), Vermeidungsverhalten (z. B. Meiden von Orten, die an das Ereignis erinnern), Über- oder Untererregung (Anspannung, Schlaflosigkeit oder emotionale Abstumpfung) und Dissoziation (Gefühl, von dir selbst oder der Realität getrennt zu sein). In schweren Fällen entwickelt sich eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) oder komplexe Traumafolgestörungen, besonders bei wiederholten Traumatisierungen durch Gewalt oder Missbrauch.

Trauer vs. Trauma: Die Unterschiede erkennen

Trauer ist eine natürliche Reaktion auf einen Verlust, die in Wellen verläuft und sich mit der Zeit verändert. Sie umfasst eine Bandbreite an Emotionen – von Traurigkeit über Wut bis hin zu Hoffnung –, die allmählich in dein Leben integriert werden. Du kannst die Ereignisse in einer klaren Zeitachse erzählen, Dich von starken Gefühlen ablenken und über den Verlust sprechen, was die Verarbeitung fördert.

Ein Trauma hingegen ist eine Überlebensstrategie als Reaktion auf ein überwältigendes Ereignis. Die Zeitachse ist unklar, und Betroffene erleben Flashbacks, als wäre das Ereignis gegenwärtig. Gedanken sind nicht steuerbar, und körperliche Symptome wie Schlaflosigkeit, Unruhe oder Herzrasen dominieren. Das Sprechen über das Ereignis ist oft laut, abgehackt oder unmöglich, da die Erinnerungen als real und gefährlich erlebt werden. Diese Unterschiede sind für Trauerbegleiter:innen entscheidend, um zu erkennen, wann eine Trauma-Therapie statt Trauerbegleitung nötig ist.

Wege aus traumatischer Trauer

Traumatische Trauer erfordert gezielte Unterstützung, um die Trauma-Reaktion zu lindern und den Trauerprozess zu ermöglichen. Hier sind Schritte, die Dir helfen können:

  • Professionelle Trauma-Therapie: Wenn Flashbacks, Vermeidung oder Dissoziation Dein Leben dominieren, ist eine spezialisierte Trauma-Therapie essenziell. Therapeut:innen können Techniken wie EMDR oder körperorientierte Ansätze nutzen, um das Trauma zu verarbeiten.
  • Trauerbegleitung: Für die Trauer selbst biete ich bei trauerlicht einfühlsame Begleitung an. Craniosacral-Therapie kann helfen, körperliche Spannungen zu lösen und emotionale Sicherheit zu schaffen, um den Trauerprozess zu unterstützen.
  • Selbsthilfegruppen: Wenn Deine Trauma-Reaktionen schon etwas abgeklungen sind, können Dir Gruppen wie die Caritas Kontaktstelle Trauer in Wien in Deinem Prozess weiterhelfen, um mit anderen über Deinen Verlust zu sprechen und Dich weniger isoliert zu fühlen. Es gilt hier aber besonders gut darauf zu achten, ob Dich das sprechen über Deinen Verlust oder das Hören der Verlusterfahrungen anderer nicht zu stark triggert oder belastet.
  • Rituale und Gedenken: Rituale wie das Anzünden einer Kerze, das Schreiben eines Briefes an den Verstorbenen oder das Gestalten eines Gedenkorts können helfen, den Verlust zu integrieren und Abschied zu nehmen.
  • Selbstmitgefühl üben: Sprich zu Dir, wie Du es bei einer lieben Freundin tun würdest, wenn sich in einer ebenso schwierigen Lebenssituation befinden würde: „Ich tue mein Bestes.“ Dies hilft, Gefühle von Leere oder Bitterkeit zu mildern.
  • Körperliche Entlastung: Naturspaziergänge, Achtsamkeitsübungen wie tiefes Atmen oder sanfte Bewegung können die Übererregung des Nervensystems beruhigen und Dir helfen, Dich wieder sicherer zu fühlen.
  • Spirituelle Unterstützung: Gebete, Meditation oder Gespräche mit einem Seelsorger können Trost spenden, besonders wenn Gefühle von Sinnlosigkeit Dich durch Deinen Tag begleiten.

Dein Weg beginnt hier

Traumatische Trauer ist eine doppelte Last, die durch plötzliche, überwältigende Ereignisse entsteht und den natürlichen Trauerprozess blockieren kann. Suche Dir so rasch wie möglich professionelle Hilfe um abzuklären, ob Du eine Trauma-Therapie benötigst. Sei geduldig mit dir – jeder Schritt, den du machst, bringt dich näher zu innerem Frieden.

Hast Du einen Verlust erlebt, der von traumatischen Umständen begleitet ist und fühlst Du Dich damit überfordert und alleine? Als Trauerbegleiterin, Lebensberaterin und Craniosacral-Therapeutin stehe ich Dir bei trauerlicht von Herzen gerne zur Seite, um Deinen Schmerz zu halten und sichere Wege der Verarbeitung und Integration Deiner Trauer zu gehen.

Kontaktiere mich gerne telefonisch, per eMail oder Messenger für eine liebevolle und ganzheitliche Begleitung auf Deinem Trauerweg.

Ich bin da für Dich.

Von Herzen,

Ursula =)

Unbewusste Trauer.

Wenn wir trauern, ohne es zu wissen...

Wenn die Erfahrung eines Verlustes kaum oder gar nicht emotional erfahren und durchlebt wird oder werden kann, drückt sich die Trauerreaktion vorwiegend über körperliche Symptome aus. Der Körper übernimmt die unverarbeiteten Gefühle und entwickelt spezifische Anpassungsstrategien, die sich als chronische und/oder psychosomatische Beschwerden zeigen. Die Trauer ist so tief in uns verborgen, dass wir uns an sie nicht mehr bewusst erinnern – wir haben die Verbindung zu unseren tiefsten Gefühlen verloren.

Vielleicht gab es schon in unserer Kindheit in unserem familiären Umfeld aus den verschiedensten Gründen kein Platz für unsere Gefühle. Vielleicht war niemand da, der unsere Trauer wahrgenommen hat. Vielleicht wollten wir unsere Trauer auch gar nicht zeigen, weil wir uns für unsere Gefühle schämten oder wir unsere Eltern und Geschwister nicht belasten wollten.

Aus der Somato Emotionalen Entspannung ist Phänomen der Trauer über unvollendete biologische Prozesse bekannt. Das bedeutet, dass ein natürlich geplanter oder vorherbestimmter biologischer Ablauf nicht vollendet wurde und sich als Unwohl-Sein, Schmerz oder Störung im Körper manifestiert. Dies kann eine Schwangerschaft sein, die durch eine Fehlgeburt oder einen Not-Kaiserschnitt nicht dem biologischen Programm gemäß vollendet wurde. Oder eine Geburt, bei der das Bonding mit dem Baby nicht in der optimalen Form möglich war. Auch ein gestörter Prozess der Reproduktion durch Sterilisation oder Kinderlosigkeit kann zu körperlichen Trauerprozessen führen.

Aber auch der Verlust der körperlichen Unversehrtheit durch Operationen, durch schwere Krankheiten oder der Verlust von biologischen Funktionen und körperlichen Fähigkeiten wie z.B. durch eine Sterilisation, eine Amputation oder die Entfernung eines Organs können biologische Trauerprozesse und entsprechende psychosomatische Beschwerden auslösen, wenn sich Betroffene des Verlustes nicht bewusst sind und diesen weder verarbeitet noch integriert haben.

Und schließlich kann es auch sein, dass wir um etwas trauern, das wir niemals hatten – beispielsweise eine unbeschwerte Kindheit, wenn wir ohne Vater, Mutter, Großeltern oder Geschwister aufwuchsen. Wenn wir viel zu früh erwachsen werden mussten durch kranke, traumatisierte oder süchtige Eltern, um die wir uns kümmern mussten oder weil wir selbst krank und lange Zeit im Spital auf uns selbst gestellt waren. Viele von uns trauern tief in ihrem Inneren, weil sie in einem Umfeld aufwuchsen, in dem ihr wahres Potenzial nicht erkannt, gesehen und gefördert wurde, weil sie nie vollständig und ganz wahrgenommen wurden, so wie sie wirklich sind – ihr Licht, ihre Liebe und ihre Seele.

Wenn wir von Anfang an mit solchen Verlusten leben müssen, dann wird der Verlust „normal“ und wir haben ganz vergessen, dass wir eine tiefe Traurigkeit in uns tragen, die gesehen, gefühlt und erlöst werden will.

Es gibt fünf verschiedene Formen von unbewusster Trauer, die sich besonders gravierend auf unser Leben auswirken: Verlust in vorgeburtlicher Zeit, Verlust einer heilen Geburtserfahrung, Verlust von Urvertrauen im Kindesalter, Verluste aus früheren Leben, Übernommene Verluste aus dem Ahnenfeld. 

Mehr Informationen dazu findest Du im Blog-Artikel „Unbewusste Trauer“.

Komplizierte Trauer.

Wenn Trauer kompliziert wird...

Werden die Gefühle der Trauer aus verschiedensten Gründen verneint, unterdrückt oder nur teilweise durchlebt, kann der Verlust im Laufe der Zeit nicht auf gesunde Weise verarbeitet und integriert werden. Die Auseinandersetzung mit dem Schmerz bleibt aus – wir bleiben in Trauerkrisen verhaftet.

Vor allem dann, wenn Betroffene sich selbst nicht erlauben zu trauern, sich für ihre Trauer schämen oder ihre Trauer aus verschiedenen persönlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Gründen nicht leben können, verkompliziert sich der Trauerprozess.

Die Trauer wird unterdrückt, dauert sehr lange an oder ist mit extremen Gefühlen verbunden – wie beispielsweise starkem Zorn oder extrem starken Schuldgefühlen. Diese Probleme hängen oft mit einer sehr ambivalenten und stark belasteten Beziehung zum Verstorbenen zusammen.

Die nicht verarbeitete Trauer kann sich in Depression, in Panik- und Angstzuständen, in verschiedensten psychosomatischen und körperlichen Symptomen ausdrücken und sogar Suchterkrankungen nach sich ziehen. Wir verlieren den positiven Blick auf uns und unser Leben, unsere Perspektiven und unseren Lebensmut.

Auch bereits länger zurückliegende Verluste, die noch nicht verarbeitet wurden, können eine große Belastung für Betroffene und ihr Umfeld darstellen und zu ungesunden und dauerhaften Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen führen.

Zieht sich der/die Trauernde sozial stark zurück, verspürt starke Schuldgefühle oder lang anhaltende Gefühle von Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit oder Verbitterung, leidet unter psychosomatischen Symptomen (Schlaflosigkeit, Brust- oder Herzschmerzen, Gewichtsabnahme, etc.) oder äußert den Wunsch, dem Verstorbenen zu folgen oder ohne das Verlorene nicht weiter leben zu können, ist eine professionelle psychologische Beratung oder Psychotherapie dringend anzuraten.

Erschwerte Trauer.

Wenn Trauer unerträglich ist...

Plötzlich und unerwartete sowie traumatische Todesfälle können den Trauerprozess erschweren oder verhindern beziehungsweise die Trauerreaktionen stark intensivieren.

Wenn Menschen durch eigene Hand (Suizid) aus dem Leben scheiden, ist der Prozess des Abschied-Nehmens und des Trauerns für die Hinterbliebenen sehr komplex. Trauer und Schmerz mischen sich mit Wut und Schuldgefühlen und quälenden Fragen nach dem Warum und was man hätte tun können, um es zu verhindern.

Hinzu kommt, dass das Thema Suizid in unserer Gesellschaft tabubehaftet ist – Betroffene sind mit einem stark verunsicherten Umfeld konfrontiert oder verschweigen den Suizid aus Schamgefühl oder um das Andenken des Verstorbenen nicht zu beschmutzen.

Der Tod des eigenen Kindes (plötzlicher Kindstod, Unfall, Krankheit, Drogenmissbrauch, Selbsttötung oder Gewaltverbrechen) stürzt die Hinterbliebenen und ihre gesamtes Umfeld meist in eine tiefe persönliche, partnerschaftliche und familiäre Krise. Nach einer Fehlgeburt, einer stillen Geburt oder dem Tod eines Neugeborenen fehlt im Umfeld häufig das Verständnis für die Gefühle und Bedürfnisse verwaister Eltern. 

Ein medizinisch notwendiger oder von den Eltern gewollter  Schwangerschaftsabbruch stellt ebenfalls eine traumatische Erfahrung und eine große Belastung für die Eltern und auch ihre Beziehung dar. Das Verständnis, dass nach einer bewussten Entscheidung zur Beendigung einer Schwangerschaft großer Schmerz, tiefe Trauer und starke Schulgefühle auftreten, fehlt meistens.

Auch unklare Verlustsituationen bei verschwundenen, verschollenen oder vermissten Personen, eine besonders belastete Beziehungssituation (körperlicher oder emotionaler Missbrauch, Co-Abhängigkeit),  vorausgegangene nicht bewältigte Verlusterfahrungen, soziale Isolation, ein fehlender emotionaler Austausch im persönlichen Umfeld sowie die Vermeidung der Auseinandersetzung mit dem Verlust können eine natürliche Verarbeitung erschweren, verlängern oder sogar unmöglich machen.