URSULA HOHLWEG

Deine Verbindung über den Tod hinaus – Das Continuing Bonds Konzept in der Trauerbegleitung

Inhaltsverzeichnis

Ein Verlust, besonders der eines geliebten Kindes, kann sich anfühlen, als würde ein Teil Deiner Seele für immer fehlen. Die Vorstellung, diesen so wichtigen Menschen „loszulassen“, ist unglaublich schmerzhaft. Das Continuing Bonds Konzept bietet Dir einen tröstlichen Weg, die Beziehung zum Verstorbenen zu bewahren, indem Du sie neu definierst und in Deinem Leben liebevoll fortführst.

Als Lebens- und Sozialberaterin, Ehe- und Familienberaterin, Craniosacral-Therapeutin und Trauerbegleiterin lade ich Dich ein, dieses Modell zu entdecken, das die Liebe über den Tod hinaus würdigt. Mit meiner Kombination aus einfühlsamen Gesprächen und achtsamer Körperarbeit – wie Craniosacraler Biodynamik oder Systemischen Interventionen – unterstütze ich Dich, diese Bindung achtsam zu gestalten, besonders bei tief verwurzelten Themen wie vorgeburtlichen Prägungen oder Trauer nach emotionalem Missbrauch.

Dieser Artikel erklärt das Continuing Bonds Konzept, zeigt Dir, wie Trauernde es erleben, und bietet praktische Tipps, Rituale und Übungen, um Deine Verbindung mit Liebe und Stärke zu pflegen.

Was ist das Continuing Bonds Konzept?

Traditionell, etwa bei Sigmund Freud, wurde Trauer als Prozess der Loslösung gesehen: Man sollte die Bindung zum Verstorbenen aufgeben, um weiterzuleben. Das Continuing Bonds Konzept, entwickelt in den 1990er Jahren von Dennis Klass, Phyllis R. Silverman und Steven L. Nickman, stellt diese Idee auf den Kopf. Es zeigt, dass die Beziehung zum Verstorbenen nicht enden muss, sondern sich wandeln kann – durch Erinnerungen, Rituale, innere Dialoge oder das Gefühl ihrer Präsenz. Diese fortlaufende Bindung ist kein Hindernis, sondern eine Quelle von Trost, Sinn und Stärke.

Drei Grundbedingungen sind notwendig, dass die Bindung zum Verstorbenen weiter fortgeführt und als heilsam oder unterstützend wahrgenommen werden kann:

  • Den Verlust anerkennen: Du musst die Realität des Todes akzeptieren, um die Bindung bewusst zu gestalten, ohne in Verleugnung zu verharren.
  • Stützende und sicherheitsgebende Erfahrung: Die Bindung sollte Dir Trost und Geborgenheit schenken, nicht Schmerz oder Abhängigkeit fördern.
  • Dynamische Weiterentwicklung: Die Beziehung darf sich nicht nur auf die Vergangenheit stützen, sondern muss sich in der Gegenwart weiterentwickeln, z. B. durch neue Rituale oder veränderte Perspektiven.

Besonders für Eltern, die ein Kind verloren haben, ist dieses Konzept heilsam: Die Liebe zu Deinem Kind bleibt ein lebendiger Teil Deines Lebens, ohne dass Du es „loslassen“ musst. Continuing Bonds lädt Dich ein, diese Bindung mit Achtsamkeit zu nähren, sodass sie Dich trägt, statt Dich zu belasten.

Wie Trauernde die fortlaufende Bindung erleben

Die Bindung zum Verstorbenen zeigt sich auf vielfältige Weise: Vielleicht träumst Du von ihm, spürst seine Präsenz in einem besonderen Moment oder erinnerst Dich an gemeinsame Augenblicke, die Dich lächeln lassen. Diese Erfahrungen sind oft ambivalent – sie bringen Freude und Verbundenheit, aber auch Schmerz, wenn die Realität des Verlustes zurückkehrt.

Eltern verstorbener Kinder fühlen oft eine besonders starke Bindung, begleitet von Schuldgefühlen („Darf ich weiterleben?“) oder Angst, das Kind zu „verraten“, wenn sie Freude empfinden. Bei Trauer nach emotionalem Missbrauch kann die Bindung kompliziert sein, da Liebe und Schmerz sich mischen. Auch transgenerationale Trauer – unverarbeitete Verluste früherer Generationen – kann die Bindung beeinflussen, indem alte Wunden die Verbindung belasten.

Continuing Bonds hilft, diese Ambivalenzen zu verstehen und die Bindung so zu gestalten, dass sie Dich stärkt.

Praktische Tipps und Rituale für Continuing Bonds

Das Continuing Bonds Konzept lädt Dich ein, die Beziehung zum Verstorbenen aktiv zu pflegen. Hier sind Tipps, Rituale und Übungen, die Dir helfen, diese Bindung achtsam zu leben:

  • Ritual – Gedenkplatz schaffen: Richte einen kleinen Altar ein, z. B. mit einem Foto, einer Kerze oder einem Erinnerungsstück (wie im Kast/Worden-Artikel). Für Eltern verstorbener Kinder könnte ein Spielzeug oder ein gemaltes Bild des Kindes Teil dieses Ortes sein. Besuche diesen Platz regelmäßig, um Dich verbunden zu fühlen.
  • Brief schreiben: Schreibe dem Verstorbenen Briefe (ähnlich wie in Kast/Worden), um Gedanken, Liebe oder Alltagsmomente zu teilen. Lies sie laut vor oder bewahre sie in einer besonderen Schachtel auf. Für Eltern: Schreibe, wie Du Dein Kind in Deinem Herzen trägst.
  • Körperübung – Herzverbindung: Lege beide Hände auf Dein Herz, atme tief und stelle Dir vor, wie die Liebe zum Verstorbenen in Dir lebt. Wiederhole dies fünf Minuten lang, um Trost zu finden (angelehnt an die Herzöffnung in Kast/Worden).
  • Alltagsrituale: Koche ein Lieblingsgericht des Verstorbenen, höre seine Lieblingsmusik oder besuche einen Ort, der euch verband. Für Eltern: Backe Kekse, die Dein Kind liebte, und teile sie mit anderen, um die Erinnerung zu ehren.
  • Jährliche Rituale: Halte ein jährliches Gedenken, z. B. am Geburtstag des Verstorbenen. Für Eltern: Lass einen Ballon mit einer Nachricht steigen oder pflanze eine Blume zu Ehren Deines Kindes.
  • Tagebuch: Notiere Erinnerungen, Träume oder Momente, in denen Du den Verstorbenen spürst, um die Bindung zu stärken. Schreibe auch, wie sich die Beziehung verändert, um die dynamische Weiterentwicklung zu fördern.
  • Selbstreflexion: Frage Dich: „Wie unterstützt diese Bindung mich heute?“ Dies hilft, die zweite Grundbedingung (stützende Erfahrung) zu prüfen.

Wie ich Dich unterstütze

Als Trauerbegleiterin nutze ich das Continuing Bonds Konzept, um Dich dabei zu unterstützen, die Bindung zum Verstorbenen liebevoll zu gestalten. Meine Kombination aus Gespräch und Körperarbeit ist darauf ausgerichtet, die drei Grundbedingungen zu erfüllen:

  • Einfühlsame Gespräche: Wir reflektieren, wie Du den Verlust anerkennst und die Bindung stützend gestaltest, besonders bei Trauer nach emotionalem Missbrauch, wo ambivalente Gefühle die Beziehung erschweren können. Ich helfe Dir, die Bindung dynamisch weiterzuentwickeln, z. B. durch neue Rituale.
  • Körperarbeit: Craniosacrale Biodynamik beruhigt Dein Nervensystem, um die Bindung ohne überwältigenden Schmerz zu spüren, besonders bei vorgeburtlichen Prägungen, die die Trauer verstärken. Somato Emotionale Entspannung löst körperliche Blockaden, die die Verbindung stören.
  • Systemische Aufstellungen: Ich kläre transgenerationale Dynamiken oder familiäre Muster, die die Bindung belasten, z. B. unverarbeitete Verluste früherer Generationen.

Mit diesen Methoden schaffe ich einen Raum, in dem Du die Beziehung zum Verstorbenen mit Achtsamkeit und Liebe pflegen kannst, besonders wenn Du ein Kind verloren hast und diese Bindung unverzichtbar ist.

Dein Weg mit Continuing Bonds

Das Continuing Bonds Konzept ist ein Geschenk: Es erlaubt Dir, die Liebe zum Verstorbenen in Deinem Leben zu bewahren, ohne Dich von ihr überwältigen zu lassen. Ob durch ein Ritual, eine Erinnerung oder ein stilles Gespräch in Deinem Herzen – diese Bindung kann Dich tragen und stärken.

Möchtest Du diese Verbindung achtsam gestalten? Kontaktiere mich gerne telefonisch, per E-Mail oder Messenger für Terminvereinbarungen. Ich freue mich, Dich mit Gespräch und Körperarbeit auf Deinem Weg zu Trost und innerer Stärke zu begleiten!

Von Herzen,

Ursula =)

Unbewusste Trauer.

Wenn wir trauern, ohne es zu wissen...

Wenn die Erfahrung eines Verlustes kaum oder gar nicht emotional erfahren und durchlebt wird oder werden kann, drückt sich die Trauerreaktion vorwiegend über körperliche Symptome aus. Der Körper übernimmt die unverarbeiteten Gefühle und entwickelt spezifische Anpassungsstrategien, die sich als chronische und/oder psychosomatische Beschwerden zeigen. Die Trauer ist so tief in uns verborgen, dass wir uns an sie nicht mehr bewusst erinnern – wir haben die Verbindung zu unseren tiefsten Gefühlen verloren.

Vielleicht gab es schon in unserer Kindheit in unserem familiären Umfeld aus den verschiedensten Gründen kein Platz für unsere Gefühle. Vielleicht war niemand da, der unsere Trauer wahrgenommen hat. Vielleicht wollten wir unsere Trauer auch gar nicht zeigen, weil wir uns für unsere Gefühle schämten oder wir unsere Eltern und Geschwister nicht belasten wollten.

Aus der Somato Emotionalen Entspannung ist Phänomen der Trauer über unvollendete biologische Prozesse bekannt. Das bedeutet, dass ein natürlich geplanter oder vorherbestimmter biologischer Ablauf nicht vollendet wurde und sich als Unwohl-Sein, Schmerz oder Störung im Körper manifestiert. Dies kann eine Schwangerschaft sein, die durch eine Fehlgeburt oder einen Not-Kaiserschnitt nicht dem biologischen Programm gemäß vollendet wurde. Oder eine Geburt, bei der das Bonding mit dem Baby nicht in der optimalen Form möglich war. Auch ein gestörter Prozess der Reproduktion durch Sterilisation oder Kinderlosigkeit kann zu körperlichen Trauerprozessen führen.

Aber auch der Verlust der körperlichen Unversehrtheit durch Operationen, durch schwere Krankheiten oder der Verlust von biologischen Funktionen und körperlichen Fähigkeiten wie z.B. durch eine Sterilisation, eine Amputation oder die Entfernung eines Organs können biologische Trauerprozesse und entsprechende psychosomatische Beschwerden auslösen, wenn sich Betroffene des Verlustes nicht bewusst sind und diesen weder verarbeitet noch integriert haben.

Und schließlich kann es auch sein, dass wir um etwas trauern, das wir niemals hatten – beispielsweise eine unbeschwerte Kindheit, wenn wir ohne Vater, Mutter, Großeltern oder Geschwister aufwuchsen. Wenn wir viel zu früh erwachsen werden mussten durch kranke, traumatisierte oder süchtige Eltern, um die wir uns kümmern mussten oder weil wir selbst krank und lange Zeit im Spital auf uns selbst gestellt waren. Viele von uns trauern tief in ihrem Inneren, weil sie in einem Umfeld aufwuchsen, in dem ihr wahres Potenzial nicht erkannt, gesehen und gefördert wurde, weil sie nie vollständig und ganz wahrgenommen wurden, so wie sie wirklich sind – ihr Licht, ihre Liebe und ihre Seele.

Wenn wir von Anfang an mit solchen Verlusten leben müssen, dann wird der Verlust „normal“ und wir haben ganz vergessen, dass wir eine tiefe Traurigkeit in uns tragen, die gesehen, gefühlt und erlöst werden will.

Es gibt fünf verschiedene Formen von unbewusster Trauer, die sich besonders gravierend auf unser Leben auswirken: Verlust in vorgeburtlicher Zeit, Verlust einer heilen Geburtserfahrung, Verlust von Urvertrauen im Kindesalter, Verluste aus früheren Leben, Übernommene Verluste aus dem Ahnenfeld. 

Mehr Informationen dazu findest Du im Blog-Artikel „Unbewusste Trauer“.

Komplizierte Trauer.

Wenn Trauer kompliziert wird...

Werden die Gefühle der Trauer aus verschiedensten Gründen verneint, unterdrückt oder nur teilweise durchlebt, kann der Verlust im Laufe der Zeit nicht auf gesunde Weise verarbeitet und integriert werden. Die Auseinandersetzung mit dem Schmerz bleibt aus – wir bleiben in Trauerkrisen verhaftet.

Vor allem dann, wenn Betroffene sich selbst nicht erlauben zu trauern, sich für ihre Trauer schämen oder ihre Trauer aus verschiedenen persönlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Gründen nicht leben können, verkompliziert sich der Trauerprozess.

Die Trauer wird unterdrückt, dauert sehr lange an oder ist mit extremen Gefühlen verbunden – wie beispielsweise starkem Zorn oder extrem starken Schuldgefühlen. Diese Probleme hängen oft mit einer sehr ambivalenten und stark belasteten Beziehung zum Verstorbenen zusammen.

Die nicht verarbeitete Trauer kann sich in Depression, in Panik- und Angstzuständen, in verschiedensten psychosomatischen und körperlichen Symptomen ausdrücken und sogar Suchterkrankungen nach sich ziehen. Wir verlieren den positiven Blick auf uns und unser Leben, unsere Perspektiven und unseren Lebensmut.

Auch bereits länger zurückliegende Verluste, die noch nicht verarbeitet wurden, können eine große Belastung für Betroffene und ihr Umfeld darstellen und zu ungesunden und dauerhaften Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen führen.

Zieht sich der/die Trauernde sozial stark zurück, verspürt starke Schuldgefühle oder lang anhaltende Gefühle von Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit oder Verbitterung, leidet unter psychosomatischen Symptomen (Schlaflosigkeit, Brust- oder Herzschmerzen, Gewichtsabnahme, etc.) oder äußert den Wunsch, dem Verstorbenen zu folgen oder ohne das Verlorene nicht weiter leben zu können, ist eine professionelle psychologische Beratung oder Psychotherapie dringend anzuraten.

Erschwerte Trauer.

Wenn Trauer unerträglich ist...

Plötzlich und unerwartete sowie traumatische Todesfälle können den Trauerprozess erschweren oder verhindern beziehungsweise die Trauerreaktionen stark intensivieren.

Wenn Menschen durch eigene Hand (Suizid) aus dem Leben scheiden, ist der Prozess des Abschied-Nehmens und des Trauerns für die Hinterbliebenen sehr komplex. Trauer und Schmerz mischen sich mit Wut und Schuldgefühlen und quälenden Fragen nach dem Warum und was man hätte tun können, um es zu verhindern.

Hinzu kommt, dass das Thema Suizid in unserer Gesellschaft tabubehaftet ist – Betroffene sind mit einem stark verunsicherten Umfeld konfrontiert oder verschweigen den Suizid aus Schamgefühl oder um das Andenken des Verstorbenen nicht zu beschmutzen.

Der Tod des eigenen Kindes (plötzlicher Kindstod, Unfall, Krankheit, Drogenmissbrauch, Selbsttötung oder Gewaltverbrechen) stürzt die Hinterbliebenen und ihre gesamtes Umfeld meist in eine tiefe persönliche, partnerschaftliche und familiäre Krise. Nach einer Fehlgeburt, einer stillen Geburt oder dem Tod eines Neugeborenen fehlt im Umfeld häufig das Verständnis für die Gefühle und Bedürfnisse verwaister Eltern. 

Ein medizinisch notwendiger oder von den Eltern gewollter  Schwangerschaftsabbruch stellt ebenfalls eine traumatische Erfahrung und eine große Belastung für die Eltern und auch ihre Beziehung dar. Das Verständnis, dass nach einer bewussten Entscheidung zur Beendigung einer Schwangerschaft großer Schmerz, tiefe Trauer und starke Schulgefühle auftreten, fehlt meistens.

Auch unklare Verlustsituationen bei verschwundenen, verschollenen oder vermissten Personen, eine besonders belastete Beziehungssituation (körperlicher oder emotionaler Missbrauch, Co-Abhängigkeit),  vorausgegangene nicht bewältigte Verlusterfahrungen, soziale Isolation, ein fehlender emotionaler Austausch im persönlichen Umfeld sowie die Vermeidung der Auseinandersetzung mit dem Verlust können eine natürliche Verarbeitung erschweren, verlängern oder sogar unmöglich machen.